Willie Schumann. Hamburger Menschen #38 - Kathrynsky's

Freitag, Juni 06, 2014

Willie Schumann. Hamburger Menschen #38

Willie ist Filmer und Photograph und ein sehr guter Postkartenschreiber. Im Jahre 2011 lernte ich ihn durch die Arbeit kennen. Er drehte die Schrank-Check-Videos, ein Projekt vom Dealhunter Blog, in dem Jette und ich Kleiderschränke fremder Leuten durchstöberten und ausmisteten. Und auch danach ist der Kontakt nie abgerissen, ich freue mich über jede seiner Urlaubspostkarten wie eine Schneekönigin und auch wenn man ihn auf einen Kaffee trifft, gibt es immer viele Geschichten zu erzählen – gefühlt ist er nämlich (auch Jobbedingt) 12 Monate im Jahr auf Reisen. Was er euch in der Reihe Hamburger Menschen zu erzählen hat, kommt jetzt:

Wer bist du und woher kommst du?

Ich bin Willie Schumann, komme eigentlich aus Berlin und bin seit Herbst 2004 in Hamburg.

Erzähl mal von deinem Beruf? 

Ich bin Filmemacher. Zum einen mache ich kleine Fernsehreportagen, und das schon seit mehr als 12 Jahren, upps. Deswegen lief bestimmt schon mal etwas von mir auf jedem größeren Fernsehsender. Und auf der anderen Seite mache ich Werbung und Imagefilme. Dabei bin ich Regisseur/ Redakteur und Produzent aber ich drehe und schneide auch selber. Das ist dann vom Projekt und Budget abhängig. Bei großen Jobs konzentriere ich mich auf die Konzeption, Produktion und Regie, aber es gibt auch Aufträge, da mache ich alles in Personalunion, wie zum Beispiel bei einem Dreh im Ausland. Es macht einfach großen Spaß immer wieder Bilder zu bauen.


Was wäre deine Job, würdest du nicht das machen, was du jetzt machst? 

Ich glaube ich wäre dann Restaurator oder so etwas. Ich repariere ganz gerne Kameras, so kleine mechanische Dinge, und als Kind habe ich immer alte Comics aufgepeppt, dass die wieder wie neu aussahen. Das macht mich irgendwie glücklich. Oder ich wäre Vanilla Ice! Ohne Scheiß, der hat sich in Amerika in den letzten Jahren einen Namen damit gemacht alte Häuser aufzuhübschen und dann teuer weiter zu verkaufen. Ich finde, dass ist eine schöne Parabel auf das Leben.

Was machst du, wenn du nicht arbeitest?
 
Für mich nimmt Reisen und analoge Photographie einen großen Teil meiner Leidenschaft und Zeit ein. Wenn ich unterwegs bin, nehme ich Kiloweise Filme und Kameras mit und wenn ich zurück komme muss ich das ganze Zeug scannen, bearbeiten und sharen. Ich hoffe, dass meine Photographie in der Zukunft immer wichtiger für mich wird – mit Galerie und Pipapo.

In welchem Stadtteil von Hamburg lebst du? Möchtest du nochmal in einem Anderen wohnen? 

Ich wohne in Hammerbrook in einem Loft mit anderen Künstlern. Ich bin aber nicht so der häusliche Typ, der es sich gemütlich einrichtet. Für den Moment lebe ich dann noch zu sehr in meiner eigenen fantastischen Welt. Im Grunde kann ich mir vorstellen überall zu wohnen.

Wo würdest du dein Traumhaus bauen? 

Ich war mal in Polynesien in einem fünfeckigen Baumhaus, das hat gefetzt. Toll war auch ein selbstgebautes Hotel eines Engländers in einer Favela in Rio, wo ich mal gepennt habe. Mein Traum wäre aber ein Wohn-Flugzeug, das auf einem Hangar steht und dann ab und zu einen Ausflug macht.

Was macht Hamburg für dich zur Kulturstadt #1? 

Dieser unglaubliche Kultur-Hunger der Hamburger. Während in Berlin das Angebot natürlich gewaltig ist, kommen dann da auch nur ne Handvoll Leute zu einer Lesung, wo es in Hamburg Hunderte sind. Das hat mich von Anfang an beeindruckt. Und ich fühle mich in der Riege der Kreativen in Werbung, Film und Journalismus in der Stadt schon sehr wohl.

Was würdest du ändern, wenn du Bürgermeister wärst? 

Also dieses Gezanke um die Rote Flora und die Geschichte mit den Gefahrenzonen war schon hochnotpeinlich. Ich glaube Hamburg kann es sich leisten etwas großzügiger in der Off-Kultur zu sein.

Warum Hamburg und nicht Berlin oder New York?
 
Mittlerweile ist es ja fast egal, wo man wohnt, mit dem Flieger ist man ja schnell woanders. Aber ja, der Hamburger Flughafen ist mit der tollste. Ich finde Hamburg hat echt einen coolen Mix von schäbig und schick, Business und Punk, Natur und Beton. Und der Hamburger Schnack ist irgendwie auch der lässigste. 

Alster oder Elbe? 

Alster, ich trinke kein Bier, das ist mir zu bitter.


Wieviel Stunden am Tag ist dein Smartphone an? 

Eigentlich den ganzen Tag. Vergesse ich aber oft, bis es dann wieder aufpiept. Ich versuche mein Leben schon sehr analog zu leben, daran scheitere ich aber gnadenlos.

Keine Frage, Platz für deine Antwort oder was du loswerden möchtest: 

Ich war in der elften Klasse mal ein Jahr in den Staaten. Da habe ich dann immer die Care-Pakete meiner Eltern, mit Unmengen Schokolade und anderen Süßigkeiten, in US Trading Cards von Basketballspielern getauscht. Ich dachte, dass wäre ein gutes Investment. Zurück in Deutschland, interessierte sich aber keine Sau dafür. In meinen schlaflosen Nächten denke ich oft an den Verlust des Genusses. Wir lernen daraus: Schokolade ist immer noch die härteste Währung.

Lieblingssong des Moment?
 
Als ich mir neulich GNTM reinzwirbelte (I have a thing for trash TV) lief bei einer vernichtenden Urteilssprechung „Strong“ von London Grammar. Ich war verliebt. Das habe ich mir dann eine Woche Nonstop reingezogen. Werde ich gleich wieder machen ...

Lieblingssong forever? 

Einer meiner Favouriten ist „не знаю де солнце“ („Ich weiß nicht, wo die Sonne ist“) der ukrainischen Band Оркестр Чe. Was die mit Trommeln und Klarinetten anstellen, beglückt mich. Groove und Klasse. Ich war mal Gastdozent an der Uni in Charkiw, im Osten des Landes und habe dort viele coole Bands kennen gelernt. Überhaupt möchte ich hier mal sagen, dass die Ukraine ein tolles Land mit talentierten Menschen und einer fantastischen Musikszene ist.

Welche Orte in Hamburg sollte man gesehen haben:

Channels of Hammerbrook
Hammerbrook ist für mich ein skuriler Ort mitten in der Stadt. Nur eine Station vom HBF entfernt, ist es dort am Wochenende oder nach 20 Uhr wie ausgestorben und man sieht Strohbüsche durch leere Straßen wehen, während am nächsten Betonpfahl ein Cowboy lehnt und auf einer Mundharmonika ein Liedchen pustet. Doch von 7 bis 9 Uhr und zur Feierabendzeit strömen die hanseatischen Arbeitsbienen zum Büroplatz oder nach Hause. Das tollste am Hammerbrook sind aber die alten Kanäle. Direkt bei meinem Haus ist eine tolle Freitreppe mit Blick auf vorbeifahrende Ruderboote und paddelnde monogame Entenpärchen. Da sitze ich gerne und lese, ganz alleine.

Millerntorstadion
Es regnet oft und am Ende des Tages habe ich vielleicht drei geile Spiele im Millerntorstadion gesehen. Aber die Energie, die von den Pauli Fans ausgeht ist schon phänomenal. Und meistens bin ich mit guten Freunden da, deswegen zieht es mich immer wieder auf den Fußball-Kiez. Vor allem, weil einfach alles geht, sogar die Absolution zu haben als Berlin-Fan in der Nordkurve stehen zu dürfen.

Imperialtheater
Dieses feine Krimi-Theater liegt am Anfang der Reeperbahn und ist ein besonderer Ort. Dort arbeiten einige meiner Freunde und ich versuche mir jede neue Show wenigstens einmal anzuschauen. Die Sessel sind Porno und das gesamte Interieur erinnert an die Fünfziger/ Sechziger, die Hochzeiten von Edgar Wallace. Das Bühnenbild ist oft wahnsinnig clever und das Publikum ist stark vermischt und hat Bock auf Entertainment. Also ich habe dort immer eine gute Zeit und hänge nach den Vorstellungen mit den Schauspielern ab.

Möchtest du noch jemanden grüßen, hier ist Platz dafür:

Mutti ist die Beste!


Willies Arbeiten könnt ihr hier finden: https://vimeo.com/Willie's Videos
 

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